Integration, Inklusion & Wir

Eigentlich egal unter welchem Namen wir das Ganze laufen lassen. WIR sind eine Klasse. WIR sind viele verschiedene Menschen. WIR gehören alle dazu und WIR wollen uns wohlfühlen.

Von Anfang an nehmen wir jedes Kind so wie es ist. Wir stellen nicht in Frage, ob dieses Kind integrierbar ist oder nicht, sondern stellen uns die Frage: Was braucht es, damit es funktioniert?

  • Was braucht es, dass das jeweilige Kind gut gefördert werden kann?
  • Was braucht jedes einzelne Kind der Klasse, damit es sich in der Gesamtsituation wohlfühlt?

Wir haben immer wieder Kinder die so gar nicht in das Konzept von “Schulkind” fallen. Kinder, die nicht sprechen, die nicht alleine aufs WC gehen können. Kinder, die den Unterschied zwischen meins und deins noch nicht kennen. Kinder, für die die Klassenzimmertüre keine natürliche Grenze darstellt und die davon laufen. Kinder, die besonders laut und unruhig sind. Kinder, die sich mit körperlichem Einsatz ihren Platz verschaffen wollen, die nicht mit der Schere umgehen können, … ich könnte weiter aufzählen. Aber es sind Kinder der Familienklasse, Kinder die zu uns gehören. Und diese Einstellung leben wir Lehrerinnen so authentisch, dass das einfach Tatsache ist.

Da oft das Lernniveau bei unseren Kindern sehr weit auseinanderklafft suchen wir immer wieder nach Gelegenheiten, wo wir uns als Klasse wahrnehmen, wo es möglich ist die Gemeinsamkeit zu spüren. Vielleicht kann ich nicht mit jedem gemeinsam meine Rechenaufgaben lösen – gemeinsam Staudämme am Wasserspielplatz bauen funktioniert aber ganz bestimmt.

Was braucht jedes einzelne Kind, damit es sich in der Gesamtsituation wohlfühlt?

Natürlich nehmen wir auftretende Probleme ernst und wir wollen nicht, dass einem Kind Nachteile und Unwohlsein daraus erwachsen, dass wir eine Integrations-Mehrstufenklasse sind und manche Kinder Manches noch nicht können. Da müssen wir Lehrerinnen oft leitend und handelnd eingreifen.

Das Setzen von Grenzen ist uns da auch sehr wichtig. Jedes Kind darf und soll selbst bestimmen, was es möchte oder nicht. Nur weil ein Kind gerne alle Kinder umarmt, kann jedes Kind selbst entscheiden: Mag ich jetzt umarmt werden?

Wir lernen in verschiedenen Situationen das Nein-Sagen, das Grenzen setzen, das Zu-sich-selbst-stehen … aber auch Toleranz.

Je sicherer ich mich fühle, je mehr Selbstwert ich habe, umso toleranter kann ich auch anderen Menschen begegnen. Darum investieren wir ganz viel Zeit, jedem Kind diesen Schritt in der Persönlichkeitsentwicklung zu ermöglichen.

Oft hilft es der Klasse zu wissen, dass ein bestimmtes Kind diese “störenden” Dinge nicht aus Absicht macht, sondern weil es nicht anders kann. Weil es vielleicht selbst gar nicht spürt, dass es jemand anderen auf den Fuß tritt. Niemand muss sich auf den Fuß treten lassen, aber meine Reaktion darauf ist deutlich anders, ob ich es als Angriff oder als “es passiert, ohne böse Absicht” empfinde.

Wir greifen bei Bedarf immer wieder kritische Situationen auf und besprechen sie, um ein allgemeines Verständnis durch Erklärungen zu ermöglichen. So wie wir auch ehrliche Antworten auf interessierte Fragen: “Warum macht der das? Warum ist die so?”, geben. Jedes einzelne Kind erlebt, dass wir es ernst nehmen und bemüht sind, seinen Bedürfnissen gerecht zu werden.

Was braucht es, dass das jeweilige Kind gut gefördert werden kann?

In dem Moment wo wir ein neues (Integrations-)Kind in die Klasse dazu bekommen schauen wir, was dieses Kind braucht.

Welche Rahmenbedingungen (Tagesablauf, Strukturen, …) sind passend?

Sind neue Regeln notwendig? Müssen wir bestehende Regeln adaptieren?

Was sind die individuellen Förderziele? Welche Kompetenzen müssen gefördert und gefordert werden?

Und dann geht es ganz praktisch zur Sache:

Wir überlegen uns, welcher Sitzplatz sinnvoll ist. Eignet sich unsere momentane Tischanordnung nicht, stellen wir das Klassenzimmer um oder errichten einen Extraplatz.

Welches Material bietet sich an? Wir haben in unserer Klasse unzählige Materialien für unterschiedlichste Bedürfnisse. Angefangen von Dingen zur basalen Stimulation, über Kindergartenspiele, Vor- und Volksschulmaterial bis hin zu kniffligen Aufgaben aus dem Bereich der weiterführenden Schulen. Ist dennoch nicht das Richtige dabei schauen wir wo und wie wir es besorgen bzw. herstellen können.

Grundsätzlich haben wir das Lernen mit Tages- bzw. Wochenplänen organisiert. Manchmal ist das aber nicht die optimale Form für ein Kind und wir richten für ein Kind speziell z.B. ein Regal ein, in welchem es seine Arbeitsmaterialien findet.

Für viele Lerninhalte haben wir „Mappen“ – die Lesemappe, die Lateinschriftmappe, die ABC-Mappe, … . Ist keine dieser Mappen gerade passend, stellen wir für dieses Kind eine eigene Mappe zusammen.

Im Schulwesen gibt es verschiedene Angebote mobiler LehrerInnen, die unterstützend in die Klasse kommen. Je nach Bedarf werden einzelne Kinder von SprachheillehrerIn, LehrerIn für Hörbehinderte, einer Mentorin für Autisten, einer Sehbehindertenlehrerin, der Beratungslehrerin, … betreut.

Stoßen wir Lehrerinnen mit unserem Wissen an unsere Grenze, suchen wir uns passende Literatur, Seminare, Beratungsstellen oder Ausbildungen.

Manche dieser Punkte können wir schon im Vorfeld vorbereiten, bzw. am ersten Tag erkennen und umsetzen, so dass sich das Kind bei uns wohl fühlt und einen Platz hat mit dem, wie es ist, was es kann und was es braucht.

Danach erstellen wir ein Grobkonzept und reflektieren täglich kurz die gemachten Schritte hinsichtlich ihrer Umsetzung, Handhabung und Brauchbarkeit. Aus diesen Erkenntnissen der ersten Wochen erstellen wir dann den individuellen Förderplan.

Da wir von Anfang an “dran bleiben” und bei Bedarf schnell reagieren, läuft es meist gut an und ist harmonisch für alle Beteiligten.