Herangehensweise Mathe

„In welcher Reihenfolge setzt du die einzelnen Materialien ein?“

Ja, es gibt inzwischen jede Menge verschiedener Materialien, die sich in meinem Kopf alle ergänzen und einem roten Faden folgen, der auf den ersten Blick vielleicht nicht offensichtlich ist und ich versuche gerne, meine Überlegungen in Worte zu fassen.

Beziehungsaufbau: Lerne ich ein neues Kind kennen, steht für mich an erster Stelle der Beziehungsaufbau und ich suche nach Tätigkeiten, die wir gemeinsam stressfrei tun können und auf den Vorlieben des Kindes beruhen. Das muss keine „sinnvolle“ Sache sein, sondern kann auch gemeinsam eine Glitzerflasche bewundern, Fußballpickerl aufkleben, Papier reißen, Lego bauen … sein. In diesem gemeinsamen Tun schaue ich dann, dass wir in eine erste „Arbeitssituation“ kommen, indem ich einen (Spiel) Vorschlag mache, der dem Kind leicht fällt. „Schau, wir geben die Papierschnipsel in diese Schale“ oder „Nimm mal die Taschenlampe und schau durch die Glitzerflasche!“. Recht schnell können sich die meisten Kinder darauf einlassen, dass von mir Angebote kommen, welche für sie machbar sind und ich fordere als nächstes das Sitzen am Tisch ein. Hier biete ich nun entsprechend dem Entwicklungsstand und den Interessen des Kindes erste Aufgaben an.

Arbeitshaltung: Mit ganz einfachen und kurzen strukturierten Aufgaben können Kinder relativ schnell lernen, dass es OK ist, sich auf Angebote von außen einzulassen. Wichtig finde ich hierbei, dass das Fertig-Prinzip eingehalten wird, damit die Kids Erfolgserlebnisse haben und die Machbarkeit und Bereitschaft zur Mitarbeit im Vordergrund steht.

Formen: In der kindlichen Entwicklung kommt die Formwahrnehmung vor der Farbwahrnehmung und ich biete zunächst Einwurfboxen mit Formunterscheidung an. Klappt das gut, kommen die Klettmappen zum Thema Formen zum Einsatz.

unterschiedliche Formen einwerfen

Farben: Das konkrete Sortieren von gleichförmigen Gegenständen nach Farben ist der nächste Schritt. Zunächst werden 2 gut zu unterscheidende Farben (z.B. gelb – blau) genommen. Aus dem Handeln mit echten Gegenständen wechsele ich zu Klettmappen zum Thema Farbe. Gelingt das gut, kann ich Formen & Farben kombinieren.

(Ab) Zählen: Viele Kinder können „Zählen“, indem sie die Zahlen ohne Zuordnung einfach aufsagen, ähnlich einem Werbeslogan, den sie oft gehört haben. Das Abzählen in Form von: ich nehme/zeige auf einen Gegenstand und zähle im richtigen Rhythmus mit, muss oft über einen längeren Zeitraum geübt werden, bevor das Kind sicher Dinge (ZR 3 – ZR 5 – ZR 10) abzählen kann. Zur Festigung bieten sich dann die Klettmappen zum Zählen an.

Zum Zählen gehören für mich auch die Erarbeitung der Ziffern und die Orientierung in den Zahlenreihen.

Würfelsymbole: Die Arbeit mit Würfelsymbolen fördert die Simultanerfassung und durch die immer gleiche Anordnung der Punkte speichern viele Kinder die Würfelbilder einfach fotografisch ab. Ich lasse gerne zwischendurch die einzelnen Punkte abzählen.
Bei Würfelspielen habe ich automatisch die Verbindung von Würfelsymbolen und konkretem Abzählen.
Hat das Kind schon eine gute Stifthaltung, kann mit den Arbeitsblättern der Würfelsymbole begonnen werden, indem das Kind mit einem (Filz)Stift, die Punkte selber macht.

Zahlenraum 5: Kann ein Kind nun aufmerksam am Tisch sitzen, rot und blau sicher unterscheiden und abzählen, beginne ich mit MatheBasis im Zahlenraum 5, indem das Kind die Rechenplättchen auf die Vorlage legt. Gemäß den didaktischen Hinweisen gehe ich dann Schritt für Schritt weiter den Weg in Richtung Addition.

Ziffernschreibkurs: Ich habe grundsätzlich meine Materialien so aufgebaut, dass das eigene Schreiben nicht notwendig ist, um rechnen zu lernen bzw. sich mit Mathematik zu befassen. Aus meiner Erfahrung sind viele Kinder damit überfordert, sich gleichzeitig dem Inhalt UND dem selbstständigen Schreiben zu widmen. So ist die Arbeit mit Klettmappen, Stempeln, Kärtchen oder Aufklebern eine gute Möglichkeit zur Schreibentlastung.

Von Beginn an schaue ich, auf welcher Entwicklungsstufe das Kind bzgl. Feinmotorik, Auge-Hand-Koordination & Grafomotorik ist und biete täglich entsprechend Aufgaben an (einwerfen, stecken, fädeln, stempeln). Erst wenn die Stifthaltung ok ist und Raumlagebeziehungen (oben/unten/rauf/runter/rüber) umgesetzt werden können, fange ich mit dem Ziffernschreibkurs an. Die Arbeitsblätter hierzu sind absichtlich ohne Zierelemente und immer gleich aufgebaut.

Individualität: Und dann gibt es Kinder, die haben die perfekte Stifthaltung, können Abzählen, aber keine Farben. Oder sind fasziniert von Ziffern, können aber nicht abzählen und lieben es, Dinge der Farbe nach zu ordnen.
Es gilt also immer genau zu schauen: was kann das Kind – was mag das Kind – wie macht das Kind etwas, um daraus dann eine individuelle Herangehensweise zu finden, die Spaß & Erfolg ermöglicht, gemäß dem Motto: Lebendiges Lernen!